18. Mai 2013

FUKS empfiehlt: Künstlerhaus Stuttgart

JUBILÄUMSPROGRAMM ZUM 35-jährigen BESTEHEN

25. Mai 2013 - 4. August 2013
APPARATUS CRITICUS & LOCUS
 
Das Künstlerhaus Stuttgart feiert den 35. Jahrestag seiner Gründung mit der Doppelausstellung Apparatus Criticus & Locus sowie mit der Ausstellung Footnotes, die als Satellit in Kooperation mit dem Projektraum Lotte stattfindet. Diese Ausstellungen wurden im Rahmen zweier laufender kuratorischer Prozesse in Gesprächen, durch Reaktionen und Feedback recherchiert, entwickelt und realisiert.


Pilvi Takal, Players, 2010, 7:50 min. video (16:9), still

Zunächst verfolgt Apparatus Criticus die Absicht, ein konzeptuelles Werkzeug zu sein für die Erkundung zeitgenössischer Formen der kritischen Distanz und der Frage, wie verschiedene künstlerische Ausdrucksformen an ihre Gegenstände herangehen. Kritischer Apparat, lateinisch: apparatus criticus, meint eine Sammlung von Anmerkungen, Lesarten und weiterem Material, die einem gedruckten Text beigegeben ist. Damit wird das Ausstellungsmachen als offene Aufzeichnung definiert, in Anlehnung an die Praktiken des prozessbasierten Schreibens. Wenn die Ausstellung nach den potenziellen Beziehungen zwischen den Kunstwerken fragt, die sich gegenseitig assoziativ auf kontextuellen, konzeptuellen und kritischen Ebenen ansprechen, zielt das darauf ab, künstlerische Arbeitsweisen zu analysieren und wie sie ihre kritische Distanz zu Inhalt, Gegenstand und Materialwahl in Übereinstimmung mit ihren Identitäten, Positionen oder Situationen bestimmen. Apparatus Criticus behandelt das Format Ausstellung, könnte man metaphorisch sagen, wie primäres Quellenmaterial, das eine Textausgabe begleitet. Die Ausstellung experimentiert mit den Möglichkeiten, durch verschiedene Strategien eine grammatische Form der Ausstellung zu entwickeln, Strategien, die der Textkritik entlehnt sind. So besteht kein Unterschied mehr zwischen dem Machen und dem Lesen einer Ausstellung, wobei die Varianten einer Ausstellung, eines Texts, etwa der Ort, die Ausgabe, die Quelle, Gegenstände und Fußnoten, bei der Präsentation sichtbar sind.




Judith Groth & Frederike Vidal, Exchange, 2012, Blumentopf mit Kirschbaum, verschiedenen Pflanzen, 20x20x150cm

Parallel zu diesem Ausstellungsprozess war Locus ein Konzept, das auf Apparatus Criticus reagierte. Locus ist eine Ausstellung, die untersucht, wie in Kunstwerken das Eingehen auf Gegebenheiten Form und Position annimmt. Es ist dies „ein Ort, an dem man Dinge findet“, ein Bezugspunkt, der die Beziehungen zwischen aufeinander reagierende Handlungen und Vorschlägen nachzeichnet. Als Allegorie des Ausstellungsorts versucht Locus, das Publikum durch Kunstwerke neugierig zu machen, sie anzuregen, sich die Situationen vorzustellen, auf die die Kunstwerke reagiert haben. Ähnlich wie Lebewesen neigen Kunstwerke dazu, die vielfältigen Aspekte des Alltagslebens zu reflektieren, und oft entstehen sie in Reaktion auf spezifische Situationen, auch solche emotionaler, natürlicher, politischer und gesellschaftlicher Art. In diesem Sinne gibt Locus einen Überblick über Reaktionen, wie sie in künstlerischen Positionen zum Ausdruck kommen, die sich aus unterschiedlichen Bezügen herleiten. Indem die Ausstellung unterschiedliche Grade untersucht, in denen die Kunst kritische Dimensionen annimmt, sowie die parallelen Lesarten der ausgestellten Werke, reagiert sie auf die Traumata der Zerstörung, auf Utopien, die seltsamen Narrative vom „In-der-Geschichte-verborgen-sein“, von Politik und der Ungezwungenheit der Natur.

Apparatus Criticus & Locus
sind in den Räumen des Künstlerhauses Stuttgart gleichzeitig zu sehen, was eine parallele Lesart als eine Doppelausstellung vorzeichnet. Dagegen macht die Ausstellung Locus im Projektraum Lotte den Prozess der Erforschung durch Kunstwerke, durch Zeichnungen, Skizzen, Bezüge und Fußnoten kenntlich. Mit diesen Ausstellungen entstehen nicht nur zwei unabhängige konzeptuelle Einheiten, sie bilden auch einen monolithischen Ausstellungsort, der die Zusammengehörigkeit von Ausstellungsmachen, Kuratieren und der Arbeit mit Künstlern postuliert.


APPARATUS CRITICUS
Künstler: Aaron Angell, Ziad Antar, Andy Kania, Bouchra Khalili, Shirin Sabahi, Pilvi Takala, Rinus Van de Velde


Kurator: Adnan Yıldız


LOCUS
Künstler: Khaled Barakeh, Ünsal İçöz, Filippa Pettersson, Frederike Vidal & Judith Groth
Kurator: Didem Yazıcı


FOOTNOTES, Lotte (bis 24. Juni 2013)
unter Beteiligung des Künstlerkollektivs Input/Output aus dem türkischen Izmir



Rinus Van de Velde, The angry sculptor: as self-portrait in which I visit my old studio [...], 2012 charcoal on canvas, 270 x 400 cm

Programm


Sonntag, 26. Mai, 12 – 17 Uhr
Sonntagsbrunch & Künstlergespräch im Künstlerhaus Stuttgart


Freitag, 7. Juni, 17 Uhr
Linie West im Künstlerhaus Stuttgart, Führungen mit AdnanYıldız und Didem Yazıcı


Freitag, 14. Juni, 17 Uhr
Führung im Projektraum Lotte mit Didem Yazıcı


Freitag, 5. Juli, 17 Uhr
Künstlerhaus Stuttgart Führung mit Adnan Yıldız und Didem Yazıcı, Vortrag von Amanda Rath



1. Januar 2013 - 31. Dezember 2013
Künstlerhaus Porträt: Ich/I (ganzjährig)

Das Künstlerhaus Stuttgart feiert sein 35-jähriges Bestehen neben Veranstaltungen und Ausstellungen auch mit einer Reihe von Performances, die den Titel „Ich/I“ trägt. Sie erkundet die Frage, wie Künstler mit der Form und dem Rahmen eines institutionellen Ausstellungsortes umgehen, wie sie durch Recherchen und die Erzeugung imaginärer Szenarien Veränderungen einfordern. Das Programm wird mehrere Richtungen und Episoden umfassen, die mit Klang und Interventionen arbeiten. Das ganzjährig angelegte Projekt beginnt im Mai 2013 mit einer Rückblende auf den Mai 1978, als das Künstlerhaus von Stuttgarter Künstlern gegründet wurde. „Ich/I“ versammelt Anmerkungen, persönliche Erinnerungen und die bei den Sessions entstanden Tonaufnahmen und reichert sich damit zum Kollektivporträt eines Künstlerateliers an, einer von Künstlern geschaffenen Institution, die zugleich ein Ort der künstlerischen Freiheit und der konzeptuellen Experimente ist. Die teilnehmenden Künstler werden untersuchen, wie Künstler ihre Rolle heute im Hinblick auf Kontextualität definieren, setzen und verwandeln. Das Medium Performance übernimmt dabei die Funktion der Institutionenkritik, da es die ursprüngliche Absicht der Künstler widerspiegelt, die das Künstlerhaus gegründet hatten. „Ich/I“ kontextualisiert die Mittel, mit denen die Krise auf individueller Ebene zum Tragen kommt und mit denen Transformationen von Gesellschaften/Gemeinschaften/Systemen die künstlerische Sicht der Zukunft beeinflussen. Die Performance fungiert somit als ein Ort für Imagination, Kreativität und Neugierde. Wenn hier das Selbst durch einen derart schlichten Einsilber zum Ausdruck kommt, bietet „Ich/I“ unterschiedliche Formen der Selbstdarstellung an und Bühnenkonzeptionen, durch die Künstler in die Lage versetzt werden, sich selbst zum Ausdruck zu bringen, während sie parallel die Institution kritisch reflektieren. „Ich/I“ ist ein Versuch, die ursprünglichen künstlerischen Motivationen zu rekonstruieren, die über Jahrzehnte hinweg den Wesenskern des Künstlerhauses Stuttgart ausgemacht haben.

Debatten, Erinnerungen und Tonaufnahmen von Veranstaltungen und Performances werden dokumentiert, woraus sich das Porträt eines Künstlerateliers ergeben wird, wie es aus einer Institution hervorgeht, die von Künstlern geschaffen wurde.


Programm / Termine

May, 8, 2013
Prologue: Tender Buttons
Electra / London
With works from James Richards, Auto-Italia, Wu Tsan und Kajsa Dahlberg


July 5, 12, 19 and 26
Local Utopias
Anike Joyce Sadiq, Stuttgart, Marco Schmitt, Stuttgart/Mexiko-Stadt, Ulrike Buck, Stuttgart/ Mexiko-Stadt


September 19, 2013
A Scenario for Future
Discoteca Flaming Star / Berlin  

www.discotecaflamingstar.com
Process Late Lunch
Chloë Bass / New York


November 8, 2013
Post-textuality:
Emine Sevgi Özdamar / Berlin


December 13-20, 2013
Epilgue: Body Book
Mariechen Danz / Belin


Download:  ICH-I Flyer


Quelle: KÜNSTLERHAUS STUTTGART