Der Schriftzug „Brasilien“, der zurzeit auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof zu sehen ist, sorgt für Aufsehen. „Es stiftet zunächst mal Verwirrung“, gibt Kurt Grunow von der Künstlergruppe „Stuttgarter Observatorium Urbaner Phänomene“ (SOUP) zu.
Ein Angebot zum Nachdenken über Architektur und Stadtentwicklung
Im Gespräch mit SWR2 berichtet Grunow vom empörten Anruf einer Brasilianerin, die sich beschwert habe, ihr Land werde im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg in ein schlechtes Licht gerückt. „Da ist einiges schiefgelaufen“, meint Grunow selbstkritisch.
Die etwa 1,5 Meter hohe Lichtinstallation spiele zwar auf einen unter dem Codewort „Brasilien“ gelaufenen Versuch der deutschen Luftabwehr im 2. Weltkrieg an, mit einer Attrappe des Bahnhofs außerhalb der Stadt alliierte Bomber zu täuschen. Doch sei die historische Metapher leicht zu erkennen, wenn man bedenke, dass das Bahnhofsgebäude durch eine Entkernung sich allmählich auch zu einer leeren Hülle entwickle.
„Wir wollen ein Angebot zum Nachdenken schaffen über Architektur und Stadtentwicklung“, sagt Grunow. Die Aktion steht im Zusammenhang mit dem ab 9.September stattfindenden „Current“-Kunstfestival in Stuttgart, an dem auch SOUP teilnimmt.
Kritische Beleuchtung zahlreicher Kunstwerke aus dem städtischen Raum
Bei „Current“ werden zahlreiche Kunstwerke den städtischen Raum kritisch beleuchtet. Grunow sieht das 10-tägige Event als Gelegenheit, sich zu überlegen „wie man partizipatorische Prozesse in die Stadtentwicklung einbinden kann“. Der „Brasilien“-Schriftzug über dem Bahnhof sei ein Teil davon; er habe eine „rätselhafte, besondere Ausstrahlung“.
Kurt Grunow stammt aus Voehrenbach im Schwarzwald und studierte in Berlin, Freiburg und an der Freien Kunstschule Nürtingen sowie in Stuttgart. Er ist Mitbetreiber des Ausstellungsraums Oberwelt e.V. in Stuttgart und des Künstlerkollektivs SOUP, sowie Kunstdozent an der Kunstakademie Esslingen.