BE HAPPY! WE DO NOT FORGET YOU.

01.10.17 – 28.01.18


Dirk Bell | Anna & Bernhard Blume | William J. Crawford | Fleury-Joseph Crépin | William Crookes | Madge Donohoe | Peter Fischli/David Weiss | Thomas Glen Hamilton | Madge Gill | Kathleen Goligher | Margarethe Held | Frederick Hudson | Cameron Jamie | Justinus Kerner | Markus Karstieß | Franek Kluski | Kris Lemsalu | Jochen Lempert | Augustin Lesage | Mary Marshall | Bruce Nauman | Heinrich Nüsslein | Sigmar Polke | Peyman Rahimi | James Richards | Sava Sekulić | Albert von Schrenck-Notzing | Corinne Wasmuht Agatha Wojciechowsky | Thomas Zipp und weitere
Kuratoren der Ausstellung: Andreas Fischer und Veit Loers.

Die Sammlung Zander zeigt vom 1.10.2017 bis zum 28.1.2018 die Ausstellung „Be Happy! We Do Not Forget You“, kuratiert von Andreas Fischer und Veit Loers. Im Mittelpunkt stehen außergewöhnliche Bildmaterialien und Dokumente aus der Geschichte des Okkultismus, Mediumistische Kunst aus der Sammlung Zander, sowie Werkkomplexe zeitgenössischer Bildender Künstlerinnen und Künstler, die eine Resonanz darauf zeigen. „Be Happy! We Do Not Forget You“ macht somit Aspekte der Sammlung Zander aus einem neuen kunst- und kulturhistorischen Blickwinkel der Öffentlichkeit zugänglich. Die Ausstellung versammelt rund 150 Exponate von über 30 Künstlerinnen und Künstlern und mehr als 15 Leihgebern aus privaten und öffentlichen Sammlungen.



Öffnungszeiten:
  Donnerstag bis Sonntag, 11–17 Uhr.
 
 

Sammlung Zander

Schloss Bönnigheim
Hauptstr. 15
74357 Bönnigheim

T +49 (0) 7143 4226
F +49 (0) 7143 4220
 

Quelle: sammlung-zander.de
 
 

Die Sammlung Zander

Die Sammlung Zander ist die weltweit größte und wichtigste ihrer Art. In mehr als 60 Jahren hat die Galeristin und Sammlerin Charlotte Zander (1930–2014) Meisterwerke der Naive und Art Brut zusammengetragen, die von einzigartigem kunsthistorischen Wert sind. Ist die Kunst der Autodidakten in den meisten großen Museen der Welt gar nicht oder nur unterrepräsentiert, hat Charlotte Zander die Qualität dieser höchst unterschiedlichen künstlerischen Positionen früh erkannt und sich nicht von dem gängigen Kanon der Kunstgeschichte, der diese Positionen weitgehend ausblendet, beirren lassen. Damit knüpfte sie an eine Zeit an, in der diese Trennung noch nicht vollzogen wurde: Den Beginn der Moderne, Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts.

Kunst der Avantgarde

Die Künstler der Moderne waren auf der Suche nach Gegenwelten. Außereuropäische Kunstwerke, Malerei von Kindern oder psychisch Kranken und auch die Kunst der Autodidakten wurden für sie zum geistigen Jungbrunnen jenseits akademischer Normen. Ihrer Sehnsucht nach unverbildeter Ursprünglichkeit entsprachen Werke von Autodidakten wie Henri Rousseau, Séraphine Louis, André Bauchant, Camille Bombois oder Louis Vivin, die mit einzigartigen Konvoluten in der Sammlung Zander vertreten sind. Keiner dieser Künstler hat an einer Kunstakademie studiert, alle gingen anderen Berufen nach, waren Zöllner, Putzfrau, Gärtner oder Postbeamter. Vor allem Henri Rousseau stand im Mittelpunkt der Pariser Avantgarde. 1886 stellte er erstmals im Salon des Indépendants in Paris aus. Zunächst wurden seine Arbeiten noch verspottet, aber ein Kritiker lobte bereits die Originalität der Werke, die “in ihrer Naivität an die italienischen Primitiven der Frührenaissance erinnert“. Künstler und Schriftsteller wie Paul Gauguin, Alfred Jarry, Pablo Picasso oder Robert Delaunay waren von Rousseaus Werk begeistert. Bald wurde der deutsche Kunsthändler Wilhelm Uhde auf ihn aufmerksam, eine der Schlüsselfiguren der Avantgarde. Er sammelte Picasso und Braque und förderte ihre Arbeit ebenso wie die des Zöllners Rousseau, über den er 1911 eine Monografie verfasste. Uhde entdeckte auch die anderen großen Naiven: Séraphine Louis und nach den Wirren des Ersten Weltkriegs André Bauchant, Camille Bombois und Louis Vivin. Die Kunst der Naive und ihre Wechselwirkung mit den Künstlern der Avantgarde wurde zum Thema von zahlreichen Ausstellungen in Europa und den USA.

Autodidakten in den USA

So wichtig wie Uhde in Paris, war Alfred H. Barr in New York. Der Gründungsdirektor des Museum of Modern Art hatte beginnend mit dem Jahr 1933 eine Ausstellungstrilogie gezeigt, die verschiedene Strömungen der Moderne untersuchte: Kubismus und Abstraktion, Dada und Surrealismus und schließlich 1938 „Masters of Popular Paintings“, in der neben Arbeiten der französischen Naiven auch Gemälde des Schweizers Adolf Dietrich und amerikanische Autodidakten wie John Kane und Horace Pippin zu sehen waren. 1943 fand im MoMA eine Einzelausstellung mit Gemälden von Morris Hirshfield statt, dessen Werk u.a. von Piet Mondrian geschätzt wurde. Auch andere aus Europa in die USA immigrierte Künstler wie Marcel Duchamp, Max Ernst oder André Breton waren fasziniert von den Gemälden Hirshfields und zeigten ihn in der Ausstellung „First Papers of Surrealism“.

Künstlerkunst

Überall waren es die führenden Köpfe der Avantgarde, die sich für das Werk von Autodidakten einsetzten. Nikolej Pirosmanaschwili fand Wertschätzung bei Künstlern der russischen Avantgarde, Alfred Wallis wurde von Ben Nicholson und Christopher Wood unterstützt und in ihre Künstlerkolonie in St. Ives aufgenommen. In Deutschland schätzten Künstler des „Jungen Rheinland“ wie Otto Dix oder Otto Pankok das Werk von Adalbert Trillhase und Adolf Dietrich. Ludwig Justi, Direktor der Berliner Nationalgalerie, kaufte 1930 zwei Bilder von Dietrich für die Nationalgalerie an und widmete in seiner Publikation „Von Corinth bis Klee – Ein Rundgang durch die Berliner Nationalgalerie“ den „Ungelernten“ ein eigenes Kapitel. Die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Folgen des Nationalsozialismus auf die Kunst der Avantgarde beendeten diese Entwicklungen jedoch jäh. Zwar versuchte Werner Haftmann mit der documenta im Jahre 1955 den Faden wieder aufzunehmen, um „die Entwicklung und Verflechtung der europäischen Kunst“ aufzuarbeiten und zeigte Werke von Henri Rousseau, Camille Bombois, Louis Vivin und Séraphine Louis, aber das hatte keine Auswirkung auf die Ausstellungspraxis und Sammlungspolitik der kommenden Jahrzehnte.

Ein eigener Weg

Ungeachtet dessen hat Charlotte Zander Ende der 1950er Jahre begonnen die Kunst der Naive zu sammeln. Alle bedeutenden Vertreter dieser Kunst, von Henri Rousseau über Morris Hirshfield und Adalbert Trillhaase bis zu Nikifor und Alfred Wallis, sind mit zum Teil einzigartigen Werkgruppen vertreten. Ab Mitte der 1960er Jahre hat sie ihr Sammlungsgebiet ausgeweitet und begonnen auch Werke der Art Brut zu sammeln: Klassiker wie Adolf Wölfli, Madge Gill und Carlo Zinelli oder die Künstler aus Gugging. Auch sie bewegen sich jenseits akademischer Normen. Mit dem Unterschied, dass Art Brut Künstler stärker ihren inneren Kosmos zum Ausdruck bringen und eigenweltlichen Visionen folgen. Seit 1996 hat diese einzigartige, über 4500 Gemälde und Skulpturen umfassende Sammlung von Charlotte Zander im historischen Ambiente von Schloss Bönnigheim eine Bleibe gefunden. Hier wird einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit geboten Einblick zu nehmen in ein ebenso marginalisiertes, wie faszinierendes Kapitel der Kunstgeschichte.
 

Schloss Bönnigheim

Seit 1996 ist die Sammlung Zander in Schloss Bönnigheim untergebracht – ein spätbarockes Bauwerk, das sich mitten in der historischen Altstadt befindet. Die Innenräume verteilen sich auf 43 Säle mit 2000 qm Ausstellungsfläche.
Schloss Bönnigheim wurde nach den Plänen des Mainzer Hofes von Anselm Friedrich Ritter von Groenesteyn geplant und von Baumeister Anton Haaf für Friedrich Graf Stadion 1756 als Sommerschloss errichtet. Im Schloss verfasste seine Schwiegertochter Sophie La Roche um 1770/1771 das Buch „Die Geschichte des Fräulein von Sternheim“ – es war der erste in Deutschland von einer Frau veröffentlichte Roman. 1792 wurde das Schloss Wohnsitz des späteren Herzogs Ludwig Eugen von Württemberg. Danach wurde es im Laufe der Zeit von unterschiedlichen Mitgliedern des württembergischen Königshauses sowie privaten und öffentlichen Trägern genutzt. Das Schloss befindet sich heute im Besitz der Stadt Bönnigheim.